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Robert J. Berghausen


 

18.08.03

Gesund durch beten

"Jetzt hilft nur noch beten" ist die Ultima Ratio der Hilflosen, wenn Wissenschaft, Technik und Kräuter versagt haben oder aber die Lebensklugheit derjenigen, die sich der Hilfe übergeordneter Instanzen sicher sein können. Zuletzt zählt der Erfolg.
Und der soll in puncto Gebetsheilungen erstaunlich sein.

In den USA gehört die Sparte Prayer Request zu einem gelungenen Internetauftritt der Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften. Prayer Request bedeutet im Idealfall, seine Sorgen und Wünsche ohne Preisgabe von Name und Anschrift in ein Forum zu posten. Die Betreiber des Forums sind zugleich diejenigen, die sich im Gebet des Anliegens annehmen.
Die christlichen Gemeinschaften beherrschen das Feld der Gebetsdienste, doch gibt es auch überkonfessionelle Anbieter wie die Unity-Gemeinschaft, die für ihren seriösen Umgang mit Hilfesuchenden bekannt ist. Unity hat auch einen deutschen Dienst, der ebenso wie der amerikanische kostenlos in Anspruch genommen werden kann.

Jeder echte Skeptiker müsste sich doch nun herausgefordert fühlen, die Probe aufs Exempel zu machen. Kopfschmerzen, Eheprobleme, Alkohol und Arbeitsamt: Warum nicht mal der Unity mailen, sie mögen sich der Sache annehmen. Aus meinem Bekanntenkreis hörte ich, dass die Wirkung überzeugend war. Alles nur Zufall?

Wer nun jedoch meint, er könne sich ins Bett legen und die anderen kräftig beten lassen, damit der liebe Gott auf wundersame Weise das Bankkonto auffüllt, der sollte sich keine Hoffnung machen. Die Wirkung der Gebete besteht meist in der vehementen Anregung, die Sache in die eigenen Hände zu nehmen.

Posted by Robert Berghausen at 19:54 | Comments (178)

12.08.03

Zwischen den Stühlen - Amerikaner, Jude und christlicher Heiler: Joel S. Goldsmith

Joel S. Goldsmith (1892-1964) ist in Europa kaum bekannt. Er gehört zu den grossen US-Amerikanern, deren Einfluss auf die USA beschränkt blieb, obwohl oder vielleicht weil sie nicht in das Klischee des "typischen" Gringos passen.

Joel Goldsmith wuchs in einer liberalen jüdischen Ostküsten-Familie auf. Von seiner Religion übernahm er so viel, dass es dazu reichte sich mit ihr identifizieren zu können. Er stieg in das Familienunternehmen ein und handelte mit Textilien. Die Geschäfte liefen leidlich und auch gesundheitlich ging es ihm schlecht. Er fing sich eine Tuberkulose ein. Damals eine Erkrankung, die tödlich enden konnte. Goldsmith wandte sich in seiner Not an einen Heiler der Christian Science. Innerhalb kurzer Zeit war er geheilt.

Dieses Initiationserlebnis änderte sein Leben. Er wandte sich der Christian Science zu, ohne aber deren Dogmatismus zu verfallen. In einem entscheidendem Punkt widersprach er den Lehren ihrer Gründerin Mary Baker-Eddy. Baker-Eddy lehrte, nur der Geist sei wirklich, die Materie eine Illusion. Goldsmith wollte nicht einsehen, dass Gott etwas Unvollkommenes erschaffen haben soll.
Joel Samuel Goldsmith stellte ein Axiom auf, das für alle Lebensbereiche Gültigkeit beanspruchte: Alles, was Wirklichkeit hat, ist gut. Auch Krankheit ist gut, indem sie uns auf einen Idealzustand hinweist. Gesundheit erreiche ich, indem ich mich mit ihr identifiziere.
Er steht mit dieser These im Kontext der neuen Metaphysik, die ihre Heimat in den USA des 19. Jahrhunderts hatte und deren Wurzeln bis in die Spätantike reichen.
Goldsmith begann eine Karriere als freier Heiler. Er betete für seine Patienten, indem er aussprach, dass jeder Mensch nach dem Bild Gottes geschaffen ist. Dazu gehören auch Gesundheit, Wohlbefinden und Glück.
Er war erfolgreich. Seine eigene Leistung veranschlagte er dabei als sehr gering. Sprach er doch nur aus, was eine simple Tatsache ist.

Interessant ist die Annäherung, die er an das Christentum machte. Goldsmith betrachtete Jesus als grossen Lehrer und Eingeweihten in die Geheimnisse des Göttlichen. Jesus ist für ihn in dem Sinne ein "Sohn Gottes" als dies jeder Mensch ist, der den Weg hin zu Gott findet.
Goldsmith ist in diesem Sinne ein vermittler zwischen liberalem Juden- und Christentum geworden. Und dies zu einer Zeit als in Europa Progromstimmung herrschte. Er hatte nun allerdings seinen Platz zwischen den Stühlen gefunden.
Das orthodoxe Judentum beargwöhnte seine Anerkennung des Jesus von Nazareth. Ebenso lehnten orthodoxe Christen eine Jesus-Lehre ab, die Jesus den Messias- und Gottestitel absprach.
Der jüdische Jesus-Verehrer Joel Samuel Goldsmith blieb ein Aussenseiter. Ein erfolgreicher und anerkannter Helfer aufgrund seiner Publikationen und seiner vieltausendfachen Erfolge in der Heilung schwerkranker Menschen.
Die Goldsmith-Bücher werden auch heute noch verlegt. Ihre Lektüre schafft eine angenehme, beruhigende und heilende Atmospäre.

Posted by Robert Berghausen at 15:29 | Comments (34)

23.06.03

Martinus Kosmologie

Die Zeit nach dem 1. Weltkrieg brachte der nachdenklich gewordenen Menschheit Einsichten, die auch heute noch nachwirken.
Der dänische Landarbeiter Martinus schrieb im Jahr 1921 seine meditativ gesammelten Erfahrungen nieder. Er nannte sie Livets Bog (gesprochen Liewets Boh) "Lebensbuch".

Was dieser einfache Mann schrieb, kann sich durchaus in eine Reihe stellen mit den anerkannten Grössen seiner Zeit: Husserl, Planck, Heisenberg, Whitehead, um nur eine beschränke Auswahl zu nennen.

Martinus entwickelt aus einer spirituellen Kosmologie, die ein höchstes Ordungsprinzip repräsentiert, eine Idealgestalt menschlichen Zusammenlebens.
Martinus gehört zu den friedlichen und freundlichen Utopisten, die unsere Zeit hervorgebracht hat. Wer die Neigung hat, die Welt ironisch zu sehen, könnte Martinus' Kosmologie auch als die Vergöttlichung der skandinavischen Sozialdemokratie ansehen. Da gibt es einen Weltstaat, der alles Gute ordnet, weder Börsianer noch Sweat-Shops. Das Recht ist in der Hand des Internationalen Gerichtshofs, der mit milder Hand streng regiert.
Doch wenn Martinus die aktuelle Gegenwart beschreibt, geschrieben 1921, dann hat man das Gefühl, er spricht vom Neoliberalismus unserer Zeit.

Das Martinus-Institut in Kopenhagen pflegt den Nachlass und das Andenken an Kierkegaards Nachfolger im 20. Jahrundert

Posted by Robert Berghausen at 09:24 | Comments (110)

22.06.03

Radikaler Konstruktivismus

Unter der Rubrik Spiritual Treatment möchte ich philosphische und religiöse Bewegungen vorstellen, die, jeweils auf ihre Art, einen Einfluss auf die therapeutische Praxis haben.

Der radikale Konstruktivismus hat seine psychotherapeutische Anwendung in der klientenzentrierten Psychotherapie von Carl Rogers gefunden.

Einen ersten Einblick in das Arbeitsfeld des radikalen Konstruktivismus gibt der nachfolgende Artikel

Posted by Robert Berghausen at 11:25 | Comments (219)

Ernest Holmes

Den gestern in das Weblog gesetzten Artikel über Ernest Holmes wollte ich eigentlich entfernen. Doch die Technik reagierte nicht auf meine Befehle.
Dann werde ich halt erklären müssen, warum ich so ambivalent reagiere...

Ernest Holmes gehört zur Gruppe amerikanischer Metaphysiker, die Grundlegendes für den Bereich der spirituellen Therapieformen geschrieben haben. Das Standardwerk von Holmes ist Science of Mind, ein wirklich hervorragendes Buch, das alles andere als sektiererisch oder ideologisierend ist.
Wenn man die Essenz dieses Buches in einem Satz zusammenfassen sollte, würde dieser etwa so lauten: "Alles ist aus einem universellen Geist entstanden
und hat an dessen Kraft, Macht, Intelligenz Anteil."
Holmes hat eine friedliche Metareligion oder Metaphilosophie formuliert, die natürlich sehr systemoffen ist.
Daraus resultierte, dass schon zu Lebzeiten von Holmes (er starb 1960) ein Ausverkauf seiner Science of Mind begann. Die Vorstellung, dass man Teil einer Allmacht ist, war für einige Kleingeister zu verführerisch. Die abstrusesten Psychoreligionen und Körpertherapien wurden mit metaphysischem Gedankengut "begründet". Die später aufkommende New-Age-Szene war wie ein trockener Schwamm, der sich sofort mit der Holmes-Philosophie vollsog.
Die heutige Ernest-Holmes-Darstellung auf amerikanischen Seiten schwelgt in Ehrerbietung und Personenkult. Holmes wird zum Guru der New Thought-Gemeinde, wehren kann er sich ja nicht mehr.
Der Aufsatz von Christian Sorensen ist ein Beispiel des Personenkults um Ernest Holmes. Er enthält jedoch einige biografische Angaben, die interessant sein könnten. Ansonsten ist der Text eher kontraproduktiv und gehört entfernt.

Posted by Robert Berghausen at 09:28 | Comments (32)